Habt ihr euch schon mal gefragt, wie ein gezieltes und systematisches Vorgehen bei der Pflegepraxisentwicklung aussehen könnte?
Ein systematisches Vorgehen als «Gegenbewegung» zu den vielen «Feuerlösch-Aktionen», die wir alle mehr als gut in der Pflegepraxis kennen. Meine Erfahrung zeigt, dass viele Betriebe darum bemüht sind «Entwicklung» im Bereich der Betreuung und Pflege voranzutreiben. Es stellt sich jedoch die Frage wie «Entwicklung» systematisch aufgegleist und vor allem nachhaltig im Alltag gefördert werden kann. Es gibt nämlich viele Praxisbeispiele, die zeigen, wie Pflegeentwicklung nicht betrieben werden sollte. Die Frage der Praxisentwicklung begleitet mich als Pflegeexperten seit 2015. Dabei durfte ich einiges in der stationäre Langzeitpflege erleben, darunter Beispiele wie man es nicht machen sollte, aber auch wunderbar erfolgreiche Praxisexempel.
In diesem ersten Teil meiner Blogserie stelle ich euch vor, wie die Praxisentwicklung systematisch und mit Erfolg umgesetzt werden kann.
Steinhof Luzern ist der erste Betrieb, den ich in meiner Funktion als «mobiler Pflegeexperte» bei Advacare begleiten darf. Zu Beginn stellt sich die Frage, womit der Prozess der Praxisentwicklung begonnen werden kann. Bei Advacare erstellen wir zuerst eine Bedarfsanalyse der Pflegepraxis. Dabei werden nicht nur die wichtigsten Fachthemen beobachtet, sondern auch Gespräche mit dem Pflegeteam und Bewohnern durchgeführt. Zusätzlich zu den Beobachtungen in der Pflegepraxis, wird das Pflegeteam gezielt nach Handlungsbedarf befragt. Das Endergebnis ist eine umfassende
Bedarfsanalyse. Diese wurde im Steinhof Luzern dem Qualitätsteam (Leitung Betreuung und Pflege, Qualitätsmanagement, Ausbildung und RAI-Verantwortung) vorgestellt. Gemeinsam hat sich das Team für die drei wichtigsten Themen entschieden, welche ab 2023 angegangen werden sollen. Da die Hauptthemen ohne konkrete Ziele und Massnahmen nicht realisiert werden können, haben wir im Rahmen eines Workshops gemeinsam einen Aktionsplan erarbeitet.
Für die Vorbereitung des Workshops war es mir besonders wichtig, nicht nur mit digitalen (z.B. Präsentationen, Tabellen, Zahlen, usw.), sondern auch mit analogen Verfahren in der systemischen Beratung zu arbeiten, wie von Kiel in der Literatur beschrieben (Kiel, 2020). Dafür eignet sich die «Resonanzbildmethode» von G. Schmeer (2006) bestens. Resonanzbilder sind spontane bildhafte Reaktionen auf den jeweils aktuellen Gruppenprozess, reduzierte, oft symbolisch verkürzte Botschaften in Schwarz-Weiss. Die von ihr entwickelte Resonanzbildmethode bringt eine neue Qualität der Vernetzung in die Gruppe: die Teilnehmer tasten sich dadurch an «schlafende» Themen und Ressourcen heran. Jeder Teilnehmer reagiert mit seiner Skizze auf ein Bild eines anderen Gruppenmitglieds. Als visuelle Botschaften sind die Skizzen unmittelbar dem Informationsfluss der Gruppe entnommen. Sie entstehen in wenigen Minuten und liefern in ihrer Spontanität wesentliche Erkenntnisse über die Gruppendynamik, berufliche Probleme und die Persönlichkeitsstruktur des Zeichners. Mit ihren vielschichtigen Interpretationsmöglichkeiten bieten sich die Resonanzbilder besonders gut zur Bearbeitung aktueller Themen an. Im Workshop hat sich das Team vom Steinhof Luzern auf die Methodik eingelassen und innerhalb nur eines Tages den Aktionsplan erarbeitet. Als nächsten Schritt gilt es diesen nun umzusetzen.
Ich halte euch über den weiteren Fortschritt in 2023 mit meinen nächsten Blogeinträgen auf dem Laufenden.
NB: Für die Begleitung von Steinhof Luzern orientiere ich mich im Change-Management-Prozess am Phasenmodell der
Organisationsentwicklung von W. Häfele (2015).